Wissenswertes
Jeder Staat ist nur so gut wie sein Rechtssystem
Als Konrad Adenauer am 23. Mai 1949 seine Unterschrift unter das Grundgesetz setzte, ahnte niemand von der Erfolgsgeschichte, die diesem Vertragswerk bevorstehen sollte. Zwar erfuhr es in den Folgejahren einige Änderungen und Anpassungen, dennoch oder gerade deswegen, hat sich das Grundgesetz in seiner bisherigen Geschichte bewährt. Eine ernst zunehmende Verfassungskrise hat es in all den Jahren nicht gegeben. Vielmehr hat das Grundgesetz dem deutschem Staatsgebilde klare Grenzen und dem ihm innewohnenden politischen Prozess, überzeugende Leitlinien auf den Weg gegeben.
Fester Bestandteil dieser bundesrepublikanischen Erfolgsgeschichte war und ist ein gut funktionierendes Rechtssystem.
In einer Demokratie geht alle Staatsgewalt vom Volk, d.h. der Gesamtheit aller Staatsbürger, aus. Da das Volk der Ursprung der Staatsgewalt ist, spricht man in diesem Zusammenhang auch von der Volkssouveränität. Diese ist ein wichtiges Element demokratischer Staaten, da das Volk seinen Willen unmittelbar durch Abstimmung und Wahl, beziehungsweise mittelbar, durch die Bildung besonderer Staatsorgane kund tut. Das sind solche der Legislative, Exekutive und Judikative (Prinzip der Gewaltenteilung).
Grundsätzlich ist zwischen zwei Formen der Demokratie zu unterscheiden;
nämlich der direkten und der repräsentativen Demokratie.
Bei der direkten (unmittelbaren) Demokratie treffen die Bürger in Versammlungen und Abstimmungen unmittelbar die Entscheidung (z.B. in der Schweiz).
Bei der repräsentativen (mittelbaren) Demokratie wird das Volk bei der Entscheidungsfindung durch eine Versammlung von gewählten Repräsentanten (Abgeordneten) vertreten.
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es das System der repräsentativen Demokratie. Die Versammlung, die das Volk vertritt, heißt Bundestag.
Die Kontrolle der Staatsgewalt wird sichergestellt durch das Prinzip der Gewaltenteilung zwischen
gesetzgebender Gewalt (Legislative – in Deutschland der Bundestag),
ausführender Gewalt (Exekutive – in Deutschland die Bundesregierung) und
rechtsprechender Gewalt (Judikative – in Deutschland die Gerichte).
Ziel der Gewaltenteilung ist die wechselseitige Kontrolle der staatlichen Institutionen und damit die Verhinderung einer Machtkonzentration in einer Hand (wie z.B. in den mittelalterlichen Monarchien). Durch die Verteilung der Staatsgewalt wird dem Missbrauch der Staatsmacht durch ein einzelnes Staatsorgan entgegengewirkt.
Die Gewaltenteilung ist in der Bundesrepublik Deutschland im Grundgesetz (Art. 20 Abs. 2 GG) verankert. Sie besteht im wesentlichen in der Trennung zwischen Regierung, Parlament und Rechtssprechung. Wichtig ist, dass die drei Staatsgewalten einer gegenseitigen Kontrolle unterliegen, die einen einseitigen Machtmissbrauch durch eine Staatsgewalt verhindert.
1. Legislative
Die Legislative ist die gesetzgebende Gewalt in einem Staat. Sie ist die erste der drei Staatsgewalten im Bereich staatlicher Tätigkeit. Die anderen Staatsgewalten sind die Exekutive und die Judikative. Hauptaufgabe der Legislative ist die Verabschiedung von Gesetzen. Legislative in Deutschland sind der Bundestag, die Landtage sowie die verschiedenen Kommunalparlamente (etwa Kreistage, Stadträte, Gemeinderäte).
2. Exekutive
Bei der Exekutive handelt es sich um die vollziehende Gewalt in einem Staat. Sie ist die zweite der drei Staatsgewalten im Bereich staatlicher Tätigkeit. Die Exekutive umfasst die Bereich der Regierung und der Verwaltung. Ihr ist hauptsächlich der Vollzug der Gesetze eines Staates anvertraut. Diese Aufgabe wird auf Ebene des Bundes vor allem durch die Bundesministerien und ihre nachgeordneten Verwaltungsbehörden wahrgenommen. Entsprechendes gilt für die Landesministerien und deren nachgeordnete Behörden.
3. Judikative
Unter Judikative versteht man die rechtsprechende Gewalt in einem Staat. Sie ist die dritte der drei Staatsgewalten im Bereich staatlicher Tätigkeit. Die Aufgabe der Judikative besteht vor allem darin, die in einem Staat auftretenden Konflikte mittels staatlicher Autorität verbindlich zu entscheiden, sofern sich die Beteiligten nicht auf andere Art einigen wollen oder können. Maßstab für die Entscheidungen sind stets die einschlägigen, auf einen Sachverhalt anwendbaren Gesetze eines Staates; nicht etwa willkürliche Einschätzungen des Richters/ des Gerichts. In Deutschland ist die Judikative unabhängigen Richtern anvertraut, Art. 92 GG, die bei den verschiedenen Gerichten (Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland) tätig sind.
Ordentliche Gerichte
Nach § 13 GVG gehören vor die ordentlichen Gerichte alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilsachen) und Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder aufgrund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind. Vor dem Amtsgericht, dem Landgericht und dem Oberlandesgericht werden auch die sog. Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit verhandelt. Gem. § 1 FGG werden die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit in eigens zugewiesenen Angelegenheiten tätig. Zu erwähnen sind Vormundschafts-, Familien-, Betreuung- und Unterbringungsangelegenheiten, aber auch Adoptionsverfahren, Nachlass- und Teilungssachen, Grundbuch-, Handels-, Vereins-, und Partnerschaftssachen sowie das Güterstandsregister.Verwaltungsgerichte
Vor dem Verwaltungsgericht werden die öffentlich rechtlichen Streitigkeiten verhandelt. Der Instanzenzug geht vom Verwaltungsgericht (VG), über das Oberverwaltungsgericht (OVG) zum Bundesverwaltungsgericht (BverwG).Sozialgerichte
Nach § 51 SGG entscheiden die Sozialgerichte über alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung usw.. Die Instanzen führen vom Sozialgericht (SG) über das Landessozialgericht (LSG) zum Bundessozialgericht (BSG).Finanzgerichte
Die Zuständigkeit der Finanzgerichtsbarkeit ergibt sich aus § 33 FGO. Danach ist der Finanzrechtsweg in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten gegeben. Nach dem Finanzgericht (FG) entscheidet der Bundesfinanzhof (BFH).Verfassungsgerichte
Verfassungsgerichte bestehen bei den Ländern (Verfassungsgerichtshof – VerfGH) und beim Bund (Bundesverfassungsgericht – BVerfG). Die Verfassungsgerichte sind für Streitigkeiten über die Anwendung der Verfassung oder des Grundgesetzes berufen.Die Öffentlichkeit
Einer der wichtigsten Grundsätze unserer rechtsstaatlichen Justiz ist, dass alle Verfahren öffentlich sein müssen. Dieser Grundsatz ist in den meisten Prozessordnungen verankert. Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz führt oft ohne weitere Sachprüfung zur Aufhebung einer anschließend erlassenen Entscheidung und zur Neuverhandlung. Es verwundert also nicht, wenn die Öffentlichkeit nur in wenigen Ausnahmefällen ausgeschlossen werden darf. Auch wird deutlich, welche Verantwortung dem Richter obliegt, wenn er die Öffentlichkeit ausschließen will. Das Gebot der Öffentlichkeit soll das Vertrauen des Bürgers in eine transparente Justiz garantieren. Der Grundsatz geht auf die Zeiten zurück, als Femegerichte geheime Verhandlungen führen durften, bei denen die Rechtsförmlichkeit des Verfahrens nicht nachvollziehbar war. Von dem Grundsatz der Öffentlichkeit darf nur dann abgewichen werden, wenn der Schutz der Individualsphäre des Betroffenen oder eines Verfahrensbeteiligten dies erfordert.Der Prozessbeginn
Jeder Prozess (Verfahren) bedarf einer einleitenden Maßnahme. Im Zivilverfahren ist dies zumeist der (Klag-)Antrag, im Strafverfahren die Anklageschrift, im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft die sogenannte Einleitungsverfügung; in sonstigen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit von Amts wegen, der Einleitungsvermerk.Die Beweisaufnahme
Eine wichtige Station im Verfahren bildet die Beweisaufnahme. Mit der Beweisaufnahme will das Gericht feststellen, inwieweit entscheidungsrelevante, streitige oder bestrittene Tatsachen vorliegen oder nicht. Es gibt fünf verschiedene Beweismittel:- Der Sachverständigenbeweis: Ein Gutachten wird erstattet.
- Die Augenscheinseinnahme: Ein Gegenstand, eine räumliche Situation oder ein Tatort wird in Augenschein genommen.
- Die Parteivernehmung
- Der Urkundsbeweis: Urkunden werden beigezogen und verlesen.
- Die Zeugeneinvernahme: Ein Zeuge wird vernommen.
Der Zeuge
Jeder Mensch ist grundsätzlich gehalten, auf Ladung des Gerichts zu erscheinen und bei einer Befragung wahrheitsgemäß auszusagen. Die Wahrheitspflicht besteht immer dann, wenn er sich zur Aussage entscheidet. Um dem Zeugen Konflikte zu ersparen, ist er in bestimmten Fällen von der Aussagepflicht entbunden. In sachlicher Hinsicht dürfen Zeugen im Strafverfahren einzelne Angaben verweigern, wenn sie sich der Gefahr unterziehen würden, sich selbst strafrechtlich zu belasten. Im Zivilverfahren steht Ihnen in diesen Fällen ein Zeugnisverweigerungsrechtzu, welches bereits bei der Gefahr eines vermögensrechtlichen Schadens und der drohenden Unehre einsetzt. In allen Fällen, in denen der aussagepflichtige Zeuge entgegen den gesetzlichen Vorschriften seine Aussage oder einzelne Auskünfte verweigert, muss er mit Zwangsmaßnahmen rechnen. Der Zeuge kann regelmäßig durch Zwangsgelder und sogar durch Zwangshaft zu seiner Zeugenaussage angehalten werden. Macht der Zeuge zwar eine Aussage, ist diese jedoch wissentlich falsch oder unvollständig, drohen bei falscher Aussage (falsch/uneidlich) und/oder Meineid strafrechtliche Sanktionen.Verfahrensbeendende Maßnahmen
Das Verfahren endet u.a. durch Rücknahme des einleitenden Antrages (Antrags- oder Klagerücknahme, Rücknahme der strafrechtlichen Anklage). Die Klagerücknahme im Zivilverfahren ist nach Erreichen einer bestimmten Verfahrensstellung nur mit Zustimmung des Gegners möglich. Darüber hinaus können die Parteien im Zivilverfahren dieses einvernehmlich durch Abschluss eines Vergleiches oder einer Erledigungserklärung beenden. Im Strafverfahren kann das Verfahren ggf. wegen Geringfügigkeit eingestellt werden. Kommt es nicht zu einer solchen Verfahrensbeendigung, muss das Gericht eine das Verfahren abschließende Entscheidung treffen. Dies ist zumeist ein Urteil oder ein Beschluss.Rechtsmittel
Gegen die verfahrensbeendende Entscheidung ist in der Regel ein Rechtsmittel zulässig. Beachten Sie bitte, dass das Rechtsmittel oft besonderen Formvorschriften unterliegt und binnen vorgeschriebener Fristen einzureichen ist. Beachten Sie bei der Ihnen zugestellten Entscheidung die ggfs. beigefügte Rechtsmittelbelehrung. Lesen Sie diese sehr sorgfältig durch. Bei Fragen können Sie sich jederzeit an uns wenden.Rechtsbehelfe
Gegen Bescheide und Beschlüsse, die einem Gerichtsverfahren vorgeschaltet sind und die keine das Gerichtsverfahren beendenden Maßnahmen darstellen, hat der Betroffene die Möglichkeit eines Rechtsbehelfes, mit der Folge, dass die angegriffene Maßnahme entweder noch einmal überprüft wird (z.B. Verwaltungsakt) oder in ein gerichtliches Verfahren übergeleitet wird (z.B. Mahnbescheid). Beachten Sie auch hier die sog. Rechtsbehelfsbelehrung, aus der sich der Rechtsbehelf, die einzuhaltende Frist und die zuständige Stelle, an die der Rechtsbehelf gerichtet sein muss, ergeben.In vielen Verfahren (Prozessen) benötigen Sie einen Rechtsanwalt (Anwaltszwang). Dies bedeutet, dass Sie in den entsprechenden Verfahren nur durch einen Anwalt handeln und agieren können. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift bewirkt, dass alle Rechtshandlungen, die Sie als nicht bei dem Gericht zugelassener Anwalt vornehmen, rechtlich unwirksam sind. Das Gericht wird Ihre Äußerungen nicht einmal zur Kenntnis nehmen. Selbst wenn Sie als hochqualifizierter Jurist auftreten, werden Ihre Anträge „mangels Postulationsfähigkeit“ unverzüglich zurückgewiesen oder erst gar nicht angenommen.
Wann Anwaltszwang besteht, ist im Gesetz im einzelnen geregelt. Sie müssen sich vor allen Landgerichten und allen Gerichten eines höheren Rechtszuges durch einen bei dem jeweiligen Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Vor Amtsgerichten müssen Sie sich z.B. in Ehesachen anwaltlich vertreten lassen.
Durch den Anwaltszwang soll gewährleistet werden, dass die Partei trotz der meist schwierigen und häufig umfassenden Verfahren vor den genannten Gerichten (zumeist Obergerichte), sachkundigen Rat in materieller und prozessualer Hinsicht hat.